So sehr schadet die Modeindustrie Tieren und der Umwelt
Ein neuer zweiteiliger Bericht von VIER PFOTEN zeigt die tatsächlichen Kosten für Tiere und Klima sowie zukunftsfähige Alternativen zu Pelz & Co.
Zürich, 19. Juli 2023 – Es ist ein Widerspruch in sich: Tierische Materialien wie Wolle, Pelz und Daunen werden weithin als «natürlich» wahrgenommen, obwohl deren Produktion hochgiftige Chemikalien freisetzt und schwerwiegende Auswirkungen auf den Tierschutz hat. Die «Untragbar»-Berichte der globalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN zeigen, dass der Konsum von Modeprodukten drastisch reduziert werden muss. Darüber hinaus ist die Wahl der verwendeten Materialien ebenfalls entscheidend. Der Bericht möchte deshalb Modeunternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten dazu anregen, sich bewusst für tierfreundliche Materialien zu entscheiden, ohne auf modische Kleidung verzichten zu müssen.
Nicht erst seit dem Start des Dokumentarfilms «Slay!», der die rücksichtslose Ausbeutung von Tieren für die Modeindustrie unter die Lupe nimmt, erntet die Branche erhebliche Kritik. Das Wissen um schlechte Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern, hohe Treibhausgasemissionen während der Produktion und schwerwiegende Verstösse gegen den Tierschutz, wie Mulesing (Entfernen von Hautlappen rund um den Schwanz von Schafen ohne jegliche Betäubung), Lebendrupf oder Pelztierzucht haben die Unzulänglichkeiten der Branche in den Vordergrund gerückt.
Trotz dieser erschreckenden Fakten sind sich viele Modeunternehmen der zahlreichen negativen Auswirkungen von Textilien tierischen Ursprungs nicht bewusst. Andere halten weiterhin an dem Mythos fest, die Materialien seien lediglich ein Nebenprodukt der Fleisch- und Milchindustrie.
Materialien der nächsten Generation
VIER PFOTEN appelliert deshalb an Modeunternehmen, sich öffentlich dazu zu verpflichten, die Verwendung von tierischen Materialien zu reduzieren und stattdessen auf innovative Materialien der nächsten Generation, sogenannte «Next-Gen»-Materialien, bzw. auf recycelte, tierfreie Materialien umzusteigen und in diese zu investieren. Unternehmen, die weiterhin Materialien tierischen Ursprungs verwenden sollten nur 100 Prozent zertifizierte, recycelte tierische Materialien oder tierische Materialien, die nach den bestmöglichen Tierschutzrichtlinien zertifiziert sind, verwenden. Die globale Tierschutzorganisation fordert von Textilfirmen, sinnvolle Tierschutzrichtlinien (mit) zu entwickeln, diese zu kommunizieren und auch über bestehende Zertifizierungen hinauszugehen und mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten, um hohe Tierschutzstandards zu erreichen. Darüber hinaus sollten Unternehmen keine Materialien von Wildtieren verwenden, unabhängig davon, ob es sich um Tiere aus freier Wildbahn oder aus Zuchtbetrieben handelt.
Bereits über 100 Unternehmen setzen auf «Next-Gen»-Materialien und verbessern und entwickeln diese fortlaufend weiter. Die Materialien bergen keine Risiken für den Tierschutz und belasten in der Regel die Umwelt weniger. Zu den zahlreichen Modeunternehmen, die «Next-Gen»-Materialien bereits erfolgreich einsetzen, gehören neben Schweizer Firmen wie Nikin auch internationale Schwergewichte wie Stella McCartney, Adidas, Puma, Hugo Boss, H&M und viele mehr.
Tipps für Konsumentinnen und Konsumenten:
1. Nutzen Sie Secondhand und Gebrauchtes! Probieren Sie die 80:20-Regel aus: 80 Prozent Gebrauchtes und 20 Prozent Neues und Tierfreundliches.
2. Achten Sie auf tierfreie, naturbasierte oder recycelte Materialien, wie z. B. Schuhe, die aus Pilzen hergestellt werden.
3. Kaufen Sie innovative Produkte, die aus Abfällen hergestellt wurden, wie z. B. aus ausrangierten Fischernetzen oder sogar aus altem Kaffeesatz.
4. Schützen Sie Meere, Seen und Flüsse, indem Sie grundsätzlich weniger waschen, häufiger einfach einzelne Flecken auswaschen und bei Waschgängen Waschbeutel gegen Mikroplastik verwenden.
5. Erheben Sie Ihre Stimme für die Tiere! Sprechen Sie in Ihrem Freundeskreis über das Thema und lassen Sie Ihre Lieblingsmarken wissen, dass Sie sich mehr tierfreundliche Mode wünschen! Unterzeichnen Sie noch heute unseren «Wear it Kind»-Aufruf
Hintergrund
Die Produktion von tierischen Materialien geht Hand in Hand mit der weltweiten Fleischproduktion, die für 16,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Bei der Verdauung der Tiere werden grosse Mengen an Methan ausgestossen. Die Pelztierzucht ist von Natur aus grausam, da Wildtiere in kleine Käfige gepfercht werden. Keine Initiative zur Zertifizierung des Tierschutzes für Pelztiere kann den Tieren in Pelzfarmen ein lebenswertes Leben bieten. Schafe in den Wolllieferketten werden regelmässig Verstümmelungen wie Mulesing und Kastration ohne angemessene Schmerzlinderung sowie stressigen Scherpraktiken und langen Transporten ausgesetzt. Gänse und Enten sind in den Daunenlieferketten weiterhin dem Risiko des Lebendrupfs und der Stopfmast ausgesetzt.
Zu den wichtigsten Alternativen zu tierischen Materialien, die derzeit auf dem Markt sind, gehören:
Pelzalternativen: Biobasierter Pelz, verwendet pflanzliche und mikrobielle Fermentation, Hanf oder mittels Fermentation gewonnene Proteinstapelfasern. Wollalternativen: Holzzellulose, regenerierte Zellulose, biobasierte regenerative Fasern aus Abfällen aus Kokos und Hanf, Mikrobielle Cellulose aus Calotropis-Arten und regenerierter Bio-Baumwolle. Daunenalternativen: Kapokfasern, Mittels Fermentation gewonnene Proteinstapelfasern, regenerierte Fasern aus recycelten Stoffen. Die komplette Liste an Alternativen zu tierischen Materialien finden Sie in der Zusammenfassung des «Untragbar»-Berichts auf den Seiten 8/9.
Oliver Loga
Press Manager+41 43 883 72 51
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Altstetterstrasse 124, 8048 Zürich
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VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Grosskatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemässer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, im Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA, Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen. In der Schweiz ist die Tierschutzstiftung ein Kooperationspartner vom Arosa Bärenland, dem ersten Bärenschutzzentrum, welches geretteten Bären aus schlechten Haltungsbedingungen ein artgemässes Zuhause gibt.