Bärin Dasha im BÄRENWALD Müritz

FAQs zu artgemässen Schutzzentren 

Was ein gutes Schutz- oder Auffangzentrum ausmacht 

17.1.2024

Wildtierschutz- oder -auffangzentren sind für Wildtierrettungen unerlässlich. Abgesehen von den Unterbringungsmöglichkeiten für die Tiere können sie als Bildungszentren fungieren, die die Öffentlichkeit über Tiere und ihre artgerechten Bedürfnisse sowie die Gründe ihrer Rettung aufklären. Gleichzeitig wird das Bewusstsein sowohl für Tier- als auch für Artenschutz gefördert.  

Viele Wildtierschutzzentren widmen sich offiziell dem Schutz und der Erhaltung von Tieren, wobei die Prioritäten unterschiedlich gesetzt werden. Für manche steht das Tierwohl nicht an erster Stelle. Das kann auf den Mangel an erforderlichen Ressourcen bzw. Expertise für adäquate Unterbringung, Ernährung und medizinischer Versorgung zurückzuführen sein, was suboptimale Lebensbedingungen für die untergebrachten Tiere bedeutet. Es gibt immer wieder Fälle von sogenannten Schutzzentren, die sich als nachteilig für die Tiere erweisen und manchmal auch illegal sind. Ein Beispiel dafür wäre das kommerzielle Züchten und Handeln mit den Tieren. Besorgniserregend sind auch jene Einrichtungen, die das Tierwohl der Unterhaltung der Menschen und dem wirtschaftlichen Nutzen opfern. 

Daher ist es ganz wichtig, ein Augenmerk auf die Hintergründe von Schutzzentren zu legen, um tierschutzwidrige Aktivitäten zu erkennen und stattdessen jene Einrichtungen zu fördern, die zum Tier- und Artenschutz beitragen. Es gibt einige Kriterien, die man bei der Beurteilung dieser Zentren beachten sollte.  

Tierschutz sollte Priorität haben

In einem seriösen Wildtierschutzzentrum sollte Tierschutz immer Priorität haben. Die Tiere sollten so untergebracht werden, dass es ihre artspezifischen Bedürfnisse berücksichtigt (nach dem Fünf-Domänen-Modell), und die Gehege sollten so konzipiert sein, dass sie einer Umgebung in der Natur bestmöglich entsprechen. Es muss für das Tier auf jeden Fall die Möglichkeit geben, sich vor anderen Tieren und Menschen (Besuchern) zurückzuziehen. Das Gelände des Schutzzentrums und die Gehege sollten regelmässig gewartet werden, um Verletzungen und Entkommen der Tiere oder widerrechtliches Eindringen durch Menschen zu verhindern. Für neu hinzugekommene und kranke Tiere sollte die Möglichkeit zur Quarantäne bzw. Isolierung gegeben sein, um Tiere und Menschen gleichermassen zu schützen. Das Schutzzentrum darf nicht mehr Tiere aufnehmen, als es Kapazitäten hat, da Überbelegung und Ressourcenmangel sich negativ auf das Tierwohl auswirken. Das Schutzzentrum muss mit erfahrenen Veterinären zusammenarbeiten, die die Gesundheit der Tiere regelmässig überprüfen und die sowohl Routine- als auch die Präventiv- und Notfallversorgung garantieren können. Das Personal muss regelmässig geschult werden. Die direkte Interaktion zwischen Tier und Mensch sollte strikt auf Versorgung und vertrauensbildende Massnahmen seitens der Pfleger beschränkt sein. Die Tiere dürfen niemals gezwungen werden, zu Unterhaltungszwecken unnatürliches Verhalten zu zeigen, was auch die Fütterung durch Besucher und körperlichen Kontakt oder «Selfie»-Gelegenheiten miteinbezieht. Die Euthanasie der Tiere sollte auf ethischer Grundlage erfolgen und in den Tierschutz-Standards des Schutzzentrums festgeschrieben sein. 

Transparenz, hohe Standards, Dokumentation

Ein seriöses Schutzzentrum wird als Non-Profit Organisation geführt und sollte sowohl eine umfassende Dokumentation seiner Tätigkeit führen als auch über das Fundraising transparent sein. 

Schutzzentren müssen die notwendigen Genehmigungen für Betrieb und Tierhaltung haben. Ausserdem verfügen sie über sämtliche bau- und abfallrechtliche Genehmigungen und über arbeitsrechtskonforme Dienstverträge mit dem Personal. Die Policies und Standards sollten regelmässig upgedatet und angepasst werden, das Personal sollte jederzeit für Rückfragen zu den Tätigkeiten des Schutzzentrums zur Verfügung stehen. Selbstverständlich muss das Schutzzentrum international anerkannten wissenschaftsbasierten Tierhaltungsstandards entsprechen und, wenn es die Ressourcen erlauben, die Mitgliedschaft bei bzw. Beglaubigung durch anerkannte Organisationen wie die European Alliance of Rescue Centres and Sanctuaries (EARS) oder die Global Federation of Animal Sanctuaries (GFAS) anstreben. Die Entwicklung der Tiere muss laufend dokumentiert werden, inklusive derer, die in andere Einrichtungen überstellt oder wieder ausgewildert werden oder ableben. Die Tiere sollten über Mikrochips oder andere passende, tierwohlkonforme Methoden identifizierbar sein. 

Zucht ist zu vermeiden

Schutzzentren sollten nicht züchten, ausser, wenn dies im Rahmen eines seriösen wissenschaftlichen Projekts für Auswilderung oder für den Aufbau von Populationen in der freien Wildbahn geschieht. Abseits von offiziellen Artenschutz-Zuchtprogrammen und Auswilderungsprojekten sollten bei Tieren, die in Schutzzentren kommen, Massnahmen zur Geburtenkontrolle durchgeführt werden, die artgemäss und tierwohlkonform sind. Jene Nachkommen von Tieren, die bei der Ankunft in das Schutzzentrum bereits trächtig sind, müssen beim Muttertier bleiben, ausser wenn andere tierschutzrelevante Gründe dagegen sprechen. Die Handaufzucht von Nachkommen kann immer nur die letzte Option sein und darf nur nach streng definierten Vorgaben erfolgen, die die Gesundheit der Tiere garantieren und negative psychologische Auswirkungen so gering wie möglich halten. 

Der Erwerb und Transfer der Tiere sowie der Umgang mit Todesfällen sollten nach rein ethischen Kriterien erfolgen

Wildtierschutzzentren sind dazu da, Tieren in Not zu helfen und nicht, um sie zu Unterhaltungszwecken zu missbrauchen oder um Profit mit ihnen zu machen. Die Tiere müssen auf legalem Weg (gemäss internationalem und nationalem Recht) übernommen werden, das Schutzzentrum darf weder für Tiere zahlen noch selbst für die Übernahme bezahlt werden. Der Transport von Tieren soll prinzipiell vermieden werden – ausser die Lebensqualität des Tiers wird durch eine Überführung signifikant gesteigert oder um Kapazitäten für weitere Rettungen und Übernahmen zu schaffen, wobei das Tierwohl niemals gefährdet werden darf. Schutzzentren müssen Unterkünfte für die gesamte Lebenszeit von Tieren bieten können. Sie dürfen niemals kommerziellen Handel mit Tieren, ob lebend oder mit Körperteilen oder ihren Derivaten, betreiben. Tote Tierkörper sollten gemäss den nationalen bzw. regionalen gesetzlichen Bestimmungen entsorgt werden. Wenn ein Tier für eine Wiederauswilderung in Frage kommt, sollte dies Priorität haben; wenn möglich, soll das Tier in eine seriöse Einrichtung, die auf Rehabilitation spezialisiert ist, überstellt werden. 

Die Rolle von Öffentlichkeit/Besuchern und Bildung

Auch wenn Schutzzentren für (Bewusstseins-)Bildung eine entscheidende Rolle spielen, sollten die Interessen der Besucher niemals Vorrang vor den Bedürfnissen der Tiere haben. Der Zweck eines seriösen Schutzzentrums ist es nicht, das Publikum zu unterhalten. Daher muss es die nötige Distanz zwischen Tieren und Besuchern herstellen und jeden direkten Kontakt vermeiden, da sich dies negativ auf das Tierwohl auswirken und gesundheitsschädliches Verhalten fördern könnte. Wenn es unter den Tieren Kandidaten für eine Wiederauswilderung gibt, sollte auch die Interaktion mit den Tierpflegern auf ein Minimum beschränkt werden. Die Beschilderung der Gehege sollte exakt und immer auf dem neuesten Stand sein. Sollten entsprechende Ressourcen vorhanden sein, sollten Schutzzentren auch an wissenschaftlichen Studien durch dazu befugte renommierte Institutionen teilnehmen. Das Personal eines Schutzzentrums muss das nötige Wissen über die betreuten Tierarten mitbringen und jederzeit imstande sein, Fragen der Öffentlichkeit umfassend zu beantworten. 

Gesundheit und Sicherheit der Tiere

Die Gesundheit und die Sicherheit von Tieren und Menschen muss für seriöse Schutzzentren allerhöchste Priorität haben. Für eventuelle Notfälle muss das nötige Equipment, unter anderem Erste-Hilfe-Materialen und spezielle Sicherheitsvorrichtungen, bereitstehen. Das Personal ist selbstverständlich ausreichend geschult, auch in der Handhabung der Erste-Hilfe-Ausrüstung. Diese sollte an einem bestimmten Platz zu jeder Zeit verfügbar sein, für den Fall, dass Besucher, Personal bzw. Tiere umgehend evakuiert werden müssen, z.B. beim Entkommen eines Tiers. 

Die Frage des Umweltschutzes bzw. der Abfallentsorgung

Ein seriöses Schutzzentrum sollte den Umwelt- und Klimaschutz stets vor Augen und auch eine eigene Policy zur Vermeidung von negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima haben. 

Das sollte man vor Augen haben

Häufige Todesfälle von Tieren in Wildtierschutzzentren können, müssen aber keine Hinweise auf schlechte Haltung geben. Gerettete Tiere kommen schliesslich meistens aus Haltungen, die äusserst gesundheitsschädlich und qualvoll sind. Daher kommen viele von ihnen bereits mit grossen gesundheitlichen Problemen in die Schutzzentren, und auch die bestmögliche Pflege kann ihr zu frühes Ableben nicht mehr verhindern. Daher verzeichnen Schutzzentren naturgemäss viele Krankheits- und Todesfälle. Ein seriöses Schutzzentrum sollte aber unbedingt Aufzeichnungen darüber führen, regelmässige tierärztliche Untersuchungen organisieren und über die Bedingungen der Tiere transparent nach aussen sein. 

VIER PFOTEN Schutzzentren

Derzeit führt VIER PFOTEN elf Schutzzentren und Partnerprojekte für gerettete Bären, Grosskatzen und andere Wildtierarten in Europa, Asien und Südafrika. Hier erfahren Sie, was VIER PFOTEN unternimmt, um die höchstmöglichen Standards für die Tiere in unserer Obhut zu gewährleisten. 

Tiger Jasper und Jade

VIER PFOTEN Schutzzentren


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